Tutorial Sitzbeschläge für den P100 restaurieren

Es stand die Restaurierung der Sitzbeschläge für den P100 an.
Diese hatten im Laufe der Jahre stark gelitten und deutlich Rost angesetzt.

 

 


Praktischerweise werden sie eingebaut im Auto fast vollständig von der B-Säule abgedeckt.
Im ausgebauten Zustand ist man dann umso mehr erschrocken über den tatsächlichen Zustand.
Ein Gespräch mit meinem Verchromer hat mir dann auch schnell den Zahn gezogen, dass die Beschläge in einem Stück bearbeitet werden können. Also ist Zerlegen angesagt.
Im Forum waren darüber nur für die Isabella einige wertvolle Informationen zu finden.
Da die Beschläge vom P100 aber anders ausgeführt sind, war dies nur begrenzt hilfreich.
Auch zu anderen Fahrzeugtypen war nichts Vergleichbares zu finden.
Also war hier wieder Jugend forscht gefordert.
Als erstes habe ich mich der Schneckenfeder gewidmet.
Da man deren Kraft schlecht einschätzen kann, habe ich die Variante aus dem Forum (Feder maximal spannen und in den Schraubstock klemmen) verwendet. Das ging ganz gut.
Heute würde ich das anders machen, doch dazu später mehr.


 


 


Nachdem die Kunststoffteile entfernt waren (die Abdeckkappen mittels Schraubendreher, die Kugeln der Bedienhebel habe ich mit einem passend eingestellten Engländer abgeschlagen), war erstmal unklar, wie das ganze auseinander geht:

 

 


Ende Teil 1

Gruss,
Gunnar
 

Weiter geht es mit den Sitzbeschlägen:

Die ganze Angelegenheit ist verpresst und verschweißt. Wie bekommt man das auseinander?
Hier schien die Seite mit der Verschweißung das kleinere Übel zu sein.
Also habe ich zunächst mit einem 3mm Bohrer „Herumgestochert“, um die Sache zu trennen.
Nach etlichen Bohrern und dem Ausbohren der drei Nieten ließ sich die Metallscheibe mit einem flachen Meißel vorsichtig trennen. Nun herrschte auch Klarheit darüber, mit welchen Durchmessern hier gearbeitet wurde.

 

 

Damit bestand auch die Möglichkeit, einen Fräser zu verwenden.
Ich habe mir dann einen Lochfräser 17mm besorgt und den Zentrierbohrer gekürzt.
Der Beschlag wird nun mittig vorgebohrt. Jetzt kann man mit dem Fräser die Schweißnaht sauber öffnen. Das funktioniert ziemlich gut.


 

Die Teile werden sauber den Beschlägen zugeordnet und am besten fotografisch dokumentiert.
Es müssen noch weitere vernietete Teile ausgebohrt werden, wie die Buchsen für die Zahnräder und die Verstell-Hebel.
Ein Problem stellen die äußeren unteren Beschläge dar. Die Achsen sind hier eingepresst und meiner Meinung nach lässt sich das nicht zerstörungsfrei trennen. 
Nach Rücksprache mit dem Verchromer blieben diese an ihrem Platz (letzes Bild) und wurden während der Galvanisierung abgeklebt.

   

Nun gehen die Teile zum Verchromen.
In Teil 3 geht es dann weiter.

Ende Teil 2

Gruss,
Gunnar

Der Verchromer hat recht zügig gearbeitet und wie gewohnt beste Qualität geliefert, die natürlich auch ihren Preis hat. Nun ging es wieder an den Zusammenbau.
Auch hatte ich hier und da Bedenken, ob das alles wieder gut zusammenkommt.
Sobald die Beschläge nach der Verchromung wieder da sind, sollte man die Achsen aber sofort ölen und beweglich halten,
da die verbliebene Säure sonst diese schnell festsetzt. Danach ist alles gut.

 

 



Zunächst habe ich die Buchsen wieder mit Stahlnieten eingesetzt. Das bedarf etwas Übung, lässt sich aber ganz gut machen. Es schadet nichts, wenn man die frischverchromten Teile so gut wie möglich schützt. So sollte man die Außenseiten grundsätzlich abkleben und beim Nieten an der sichtbaren Seite (z.B. beim Verstell-Hebel) diesen zusätzlich schützen. Ich habe hier ein Stück von einem alten
Kunststoffspachtel verklebt. Geht mal doch ein Schlag daneben, ist das nicht zwangsläufig gleich das Ende.


  





Beim Nieten der Buchsen ist darauf zu achten, dass bei der rechten Niete im nächsten Bild der Kopf nicht zu breit werden darf.
Sonst kann sich später das Zahnrad der Verstellung nicht frei drehen.
Ich musste hier jeweils mit einem Dremel nacharbeiten, um Freigängigkeit zu erreichen:

 

Ein weiteres Problem stellen die Metallscheiben an den Lehnen-Beschlägen dar.
Mein erster Versuch, diese wieder zu nieten, ist leider gescheitert.
Auf der Innenseite ist der Beschlag gesenkt. Auf der Außenseite ist nur wenig Platz unter der Kunststoffabdeckung.
Senkniete von innen nach außen geht aus Platzgründen schlecht.
Flachkopfniete von außen nach innen lässt sich nicht nieten wegen der Senkung innen.

Hier habe ich mir zwei Tage den Kopf zerbrochen und schließlich eine recht praktische und haltbare Lösung ausgedacht:
Die Metallscheibe wird mit M6 Gewinden versehen. Die Bohrungen haben 5,5mm, damit kann man die Gewinde direkt schneiden.

 

 Ende Teil 3.

Gruß,
Gunnar

Es geht weiter mit der Befestigung der Metallscheibe am Lehnenbeschlag.
Die Metallscheibe wird von innen mit M6 Senkkopfschrauben verschraubt.

 

Die Köpfe der drei Schrauben müssen allerdings deutlich heruntergeschliffen werden, damit die innere Zahnradmechanik daran vorbeilaufen kann:


 

Die Länge der Schrauben muss bündig mit der Metallscheibe abschließen und jede der Schrauben wird dann final mit einem Schweißpunkt gesichert.
Am Ende verbleiben ca. nur 2 Gewindegänge für die Schrauben.

 

Nach dem Reinigen und Fetten der Mechanik-Teile geht es weiter mit dem Zusammenbau.
Als weitere Stolperfalle sah ich nun die Einstellung der Vierkantaufnahme für die Verbindungsstange der Sitzbeschläge, damit die Lehne am Ende gerade steht.
Hier habe ich mich an meinen Bildern orientiert. Die abgeschrägte Seite zeigte bei mir auf die untere mittlere Niete der Buchse.
Zur Beruhigung sei gesagt, dass die Entwickler bei Keiper damals mitgedacht haben:
Die Beschläge auf der Innenseite kann man auch im verschweißten Zustand einstellen.
Wenn die Schneckenfeder entfernt ist und der innere Beschlag in maximaler Liegeposition gebracht wird, ist der Vierkant frei drehbar,
da er in dieser Position bereits aus der Zahnradschiene gelaufen ist. Mit eingesetzter Schneckenfeder kann man diese Position nicht erreichen.
Hat man nun alles zusammengesteckt und die Position der Beschlagachse wieder so ausgerichtet wie original (man kann das erkennen,
wenn man die Trennkanten zwischen Metallscheibe und Achse genau betrachtet), ist es wichtig die Metallscheibe mit zwei bis drei Hammerschlägen wieder auf die Achse zu treiben, damit sich alles optimal setzt und das Spiel zwischen den Beschlagteilen nicht zu groß ist.
Sitz alles perfekt kann man zwei erste Schweißpunkte setzen. Nun prüft man die Bewegung und Funktion des Beschlags. Ist alles einwandfrei,
kann man die Scheibe komplett verschweißen.
Anschließend verputzt man die Naht.

 

Dann setzt man die Schneckenfeder ein. Nach anfänglichem Respekt hat sich gezeigt, dass hier ein Engländer und ein Hammer als Werkzeug sehr zweckmäßig ist.
Man setzt die Feder halb in den Schlitz der Achse und dreht sie mit dem Engländer über den Rückhaltezapfen. Sobald die Position erreicht ist, die Feder ganz in den Schlitz treiben. Das war´s. Das Ende der Feder dreht sich lediglich ca. 30° wenn man sie entspannt. Damit bleibt die Sache überschaubar.

 

Zum Entfernen der Feder benutze ich nun immer den Engländer und einen Schlitzschraubendreher.
Die Feder etwas vorspannen und mittels Schraubendreher über den Rückhaltezapfen hebeln.
Feder entspannen – fertig.

Nun werden abschließend die Kunststoffteile noch mit Schwabbelscheibe und Polierpaste aufgearbeitet.
Die runden Kappen werden aufgesetzt und die Kugeln der Verstellung einfach mit Gummihammer aufgeschlagen.
Dazu ist es ratsam den Hebel einzuspannen, allerdings vorher gut abkleben und schützen, sonst ist die Verchromung schnell beschädigt und es gibt Kratzer.

 


Ende Teil 4.

Gruß,
Gunnar

Nach Neulackierung der Sitzgestelle mit Hammerschlaglack in Silber und Reinigung der Sitzschienen
musste ich noch die Chromschlitzschrauben aufarbeiten und deren Gewinde nachschneiden.
Hat man dann alles am frisch erneuerten Sitz montiert ist es Zeit sich zu freuen!

Gruß,
Gunnar

 

 

 

 

 

 

 


Ende Teil 5.

Hallo,
da schließe ich mich dem Joachim an. Super toller Beitrag, schöne Fotos und ein Ergebnis, dass sich sehen lassen kann. Klasse gemacht
Gruß
Andi