Hallo Miteinander!
Zunächst Euch allen ein gutes und glückliches Neues Jahr mit Euren Borgwards und allezeit gute Fahrt!
Ich stehe vor einer Frage – hier die ganze Geschichte dazu:
Nach dem ich schon seit meiner Kindheit den Traum von einem Oldtimer hatte und lange einen Borgward gesucht habe, habe ich im März 2016 ein Isabella Coupe für knapp 30.000 € gefunden. Es war aus der Hand eines Borgward-Fans, der seit 1988 Wägen herrichtet und fährt.
Die Isabella wurde von Ihm aus einem Scheunenfund in über 400 Stunden wieder hergerichtet und seit 5 Jahren nach dessen Angaben viel gefahren.
Ich war sehr froh: die netten Kontakte und der beteuerte gute Zustand des Wagens gaben mir das Vertrauen für das Auto. Von Anfang betonte ich, dass ich selbst nichts machen kann und daher wissen möchte, ob und was bei dem Wagen zu reparieren wäre. Stets wurde vermittelt, dass der Wagen einwandfrei wäre, keine Mängel bekannt seien. Prima, ich freute mich sehr.
Die Fahrt vom Verkäufer bis zu mir – 350 km mit vollem Tank und geprüftem Ölstand – gingen noch ohne Auffälligkeiten.
Und dann gingen die Probleme los:
3 Tage nach der Überführung endete die erste Fahrt mitten im dichten Verkehr auf der Autobahn A5. 370 km nach dem Kauf wurde meine Isabella abgeschleppt und in die Werkstatt gebracht.
Wie sich später herausstellte war die Ursache für das Stehenbleiben eine defekte Benzinuhr: sie zeigte an, dass der Tank noch 1/3 voll war, tatsächlich war er leer. Auch laut den versprochenen Verbrauchswerten des Wagens hätte noch genug Benzin da sein müssen. Mit diesem Effekt hatte ich nicht gerechnet und keinen Hinweis vom Verkäufer darauf bekommen. Und ich hatte Glück, dass mir und dem Auto nicht mehr passiert war.
Gut, dass der Wagen in die Werkstatt kam: hier wurde festgestellt, dass der Ölstab kein Öl mehr erfasste: es wurden nur noch 1,2 Liter Öl abgelassen. Das restliche Öl ist auf den 370 km verbraucht worden.
Der Druckverlusttest ergab, dass der 1. Zylinder Druckverluste in Richtung Ansaugung hat. Der 3. Zylinder hat den Druck fast vollständig in Richtung Kurbelgehäuse abgelassen.
Die Werkstatt machte mich auf ein Geräusch aufmerksam, das auch nach Einstellung der Ventile verblieb: ein Klingeln/Klopfen und es gab auch den Geruch von verbranntem Öl. Das ergab den Verdacht auf Motorschaden durch Ölmangel bzw. den Verdacht auf defekte Kolbenringe am 3. Zylinder? Sollte das seit der Überführung entstanden sein? Auf den 370 km?
Bei dem Anlass bemerkte die Werkstatt außerdem, dass die Kraftstoffpumpe verstopft war, die Füllstandsanzeige nicht richtig justiert war (bei 1/3 leer), der Unterbrecherkontakt eingebrannt war, einen Kühlwasserverlust bei Wasserpumpe/Rohrzuleitung, Ölverlust beim Getriebe und am Simmerring, usw.
Alles Entwicklungen, mit denen man sicher im Laufe der Zeit bei einem Oldtimer rechnen muss.
Aber auch, wenn der Verkäufer kurz vorher immer wieder bestätigt hatte, der Wagen wäre in einwandfreiem Zustand? Ich informierte den Verkäufer kontinuierlich über die Entwicklungen und Erkenntnisse. Er schien stets überrascht.
Eine Reihe von Experten und die Werkstatt rieten mir, den Wagen erst mal vorsichtig zu fahren, den Ölverbrauch und das Geräusch zu beobachten. Die Hoffnung war, dass der Ölabstreifring durch Stillstand eingetrocknet war und sich mit der Nutzung wieder löst. Gerne!
Im Laufe der nächsten Wochen habe ich kleine Ausfahrten gemacht. Ich habe es genossen, endlich meinen Borgward zu fahren und bin aus dem Grinsen kaum rausgekommen! Was für ein tolles Auto, was für wunderbare Menschen, die man in diesem Umfeld kennenlernt, auch in Bremen war ich voller Begeisterung dabei (mit dem Zug).
Das Geräusch, für das ich inzwischen ein trainiertes Ohr hatte, blieb. Es war erstaunlich, als ich beim Arabella-Treffen über die Wiese fuhr: Sofort kamen 5-7 freundliche „Borgwardianer“ auf mich zu und sprachen mich darauf an, dass mit dem Motor was nicht stimme. Man beriet sich und hoffte schließlich, es wären die Ventile, die nochmal neu eingestellt werden müssten.
Nach 500 km war das Geräusch unverändert da und der Ölverbrauch lag bei einem Liter für diese Strecke.
Ich beschloss, den Wagen 12 Wochen nach dem Kauf in eine Motorwerkstatt zu geben, ihn öffnen zu lassen, um Sicherheit zu haben.
Auf den ersten Blick wurde ersichtlich, dass auf einem Ventil deutlich Ölkohle lagerte. Ein Kolbenfresser lag vor.
Wie bei allen Erfahrungen bisher, informierte ich den Verkäufer über die Erkenntnisse der Werkstatt, noch im Vertrauen, alles wäre noch partnerschaftlich erklär- und lösbar.
Darauf erhielt ich die Antwort per mail: „Schade, dass der Motor einen Kolbenfresser hat. Gott sei Dank ist es nur ein Zylinder und nicht ein Komplett-Motor-Schaden.“
Die weitere Diagnose der Werkstatt war niederschmetternd:
- Alle Ventile: Ölkohle (teilweise sehr stark) angesetzt, alle Ventilsitze eingeschlagen
- 3. Kolben: beschädigt, bereits Übergröße, Ölabstreifring gebrochen, Kolbenhemd zerfressen und mit erheblich zu großem Spiel
- 1.,2.,4. Zylinder: beschädigt, bereits Übergröße
- Vorschaden am Motorblock, Laufbüchse an einem Zylinder eingezogen
- Kurbelwelle: Lagerschalen eingelaufen, Nasen beschädigt, bereits auf Kleinstmaß geschliffen und nitriert
- Pleuelstangen: oval
- Ölpumpe verschlissen, Tragstellen an Zahnrädern, schlechter Gesamtzustand
- Uvam.
Wie Ihr sicher besser wisst, heißt dieser Zustand, dass der Motor komplett überholt werden muss. Das wird richtig teuer.
Ich kann nichts selbst machen, was ich dem Verkäufer mehrfach vor dem Kauf sagte und fast darum gebettelt habe, er möge es mir sagen, wenn irgendwas anstehen würde. Er verneinte dies stets und ich war dadurch auch mit dem Kaufpreis einverstanden.
Nun sagen mir die Motor- Werkstatt und andere KfZ-Experten, dass die Ölkohle, die auf dem Ventil vorliegt, nur durch merklichen Ölverbrauch über längere Zeit entstanden sein kann. Und mir wird von allen vermittelt, dass man das merkt und weiß.
Man könnte annehmen, dass der Motorschaden auch nach dem Kauf entstanden wäre, das geht wohl schnell? Inzwischen fand ich allerdings eine Video-Aufnahme von der Begegnung vor dem Kauf: das Geräusch des Kolbens ist (inzwischen auch für meine Ohren) eindeutig zu hören.
Meine Versuche, mit dem Verkäufer eine Einigung bezüglich der Kosten zu erreichen, scheiterte. Er besteht darauf, dass er von einem Motorschaden nichts wusste.
Aus dem Schreiben des Anwalts des Verkäufers auch ein für ich überraschender und zusammenhangloser Hinweis, den ich nicht einordnen kann: „Wir möchten darauf hinweisen, dass unser Mandant keineswegs im Kaufvertrag zugesichert hat, dass das Fahrzeug mit einem Original-Motor ausgestattet und ohne Einschränkung fahrbereit ist. Er hat lediglich erklärt, dass dies der Fall sei.“
Puh. Ich bin wirklich sehr enttäuscht und sehr traurig über diese Erfahrung. Mit dem Preis von 30.000 € habe ich einen nachweislich defekten Motor bekommen. Auch andere Funktionen waren nicht gegeben, auf die ich vertraut habe.
Das alles hat mich gelähmt, mir die Freude und das Vertrauen genommen: meine Isabella liegt nun zerlegt in der Werkstatt und wartet auf meine Entscheidung.
Ich frage mich, ob ich als Frau und ohne KFZ-Ausbildung eine Isabella fahren sollte, wenn sogar sehr erfahrene Menschen solche Motorschäden nicht erkennen?
Eure Meinung interessiert mich, vielen Dank und viele Grüße!
Helga